Archivierung, Konservierung, Restaurierung - Zum Umgang mit Fotografien - Dresden, 10.11.2005 - Ein Beitrag von Ulrike Müller, Radeberg

17.01.2006

1. Einführung

Im Jahr 1839 wurde die Daguerreotypie, das erste kommerziell erfolgreiche fotografische Verfahren, in Paris vorgestellt. Seither hat sich die Fotografie, nicht nur was technologische Aspekte angeht, ständig weiterentwickelt. Die richtige Identifizierung der fotografischen Verfahren ist sehr wichtig für durchzuführende konservatorische und restauratorische Behandlungen, für die Archivierung/Inventarisierung und Datierung der Objekte. Bei Unsicherheiten sollte man daher eine/n qualifizierte/n Fotorestaurator/in zu Rate ziehen. Die Vielfalt an Materialien, der man bei der Erhaltung dieser Archivgüter gegenübersteht ist groß. Im folgenden werden zunächst die wichtigsten fotografischen Verfahren vorgestellt.

1.1 Aufbau von Fotografien

Der technische Grundaufbau ist bei fast allen fotografischen Verfahren (Positiv, Negativ, Diapositiv) identisch: es gibt einen Träger (Papier, Glas, Kunststoff wie Zellulosenitrat und Polyester) auf dem sich die Emulsion befindet - der Träger der Bildinformation. Diese setzt sich aus dem Bindemittel (z.B. Albumin - Hühnereiweiß beim Albuminpapier, Gelatine) und der lichtempfindlichen bilderzeugenden Substanz (Silberhalogenide, Farbstoffe) zusammen. Je nach Verfahren kommen noch weitere Schichten dazu: z.B. die Barytschicht zwischen Emulsion und Träger, aus Bariumsulfat beim Barytpapier (DOP-Gelatinesilberpapier, s/w), mehrere Kunststoffschichten beim PE-Papier, Schutzschichten bei Filmmaterialien.

1.2 Fotografische Positivverfahren

Technik/Zeitraum

Träger

Farbton

Oberfläche

Zusatz

Albuminpapier 1850 - ca. 1920

Papier

gelbbraun, helle Partien oft gelblich

glänzend, häufig mit feinen Haarrissen überzogen

häufig verblasst/vergilbt, starke Neigung zum Einrollen, Papier-fasern des Trägers unter dem Bindemittel sichtbar

POP-Gelatinesilberpapier 1885 - ca. 1920

Papier

schokoladenbraun, mit Goldtonung purpur

glänzend, matt oder strukturiert, Aussilbern möglich

Aristopapier oder Printing-Out-Papier/Auskopierpapier, keine Papierfasern sichtbar

DOP-Gelatinesilberpapier (Barytpapier) 1890 - heute

Papier

warmschwarz bis blauschwarz, mit Schwefeltonung braun

glänzend, matt oder strukturiert, Aussilbern häufig sichtbar

von 1890 – 1950 auch als Gaslicht- oder Veloxpapier bezeichnet, Entwicklungspapier, keine Papierfasern sichtbar

Barytpapier, Farbe 1942 - 1970

Papier

-

-

chromogenes (farbstoffbildendes) Verfahren, Entstehung von Magenta-, Gelb-, und Cyanfarbstoffen durch den Entwicklungsprozess

DOP-Gelatinesilberpapier (PE-Papier) 1970 - heute

Papierträger, beidseitig mit Kunststoff beschichtet

warmschwarz bis blauschwarz, mit Schwefeltonung braun

glänzend, matt oder strukturiert

Papierträger beidseitig mit Kunststoff beschichtet, keine Papierfasern sichtbar

PE-Papier, Farbe 1970 - heute

Papierträger, beidseitig mit Kunststoff beschichtet

-

-

chromogenes(farbstoffbildendes) Verfahren, Entstehung von Magenta-, Gelb-, und Cyanfarbstoffen durch den Entwicklungsprozess

Cibachrome- bzw. Ilfochromeverfahren 1964 - heute

Polyester

-

-

Trägermaterial Polyester, Silberfarbstoffbleichverfahren

1.3 Fotografische Negativverfahren

Technik/Zeitraum

Träger

Farbton

Oberfläche

Zusatz

Gelatinetrockenplatte ca. 1878 bis heute

Glas

neutralgrau

Oberfläche halbmatt

verwendet als Negativ und Diapositiv

Zellulosenitratfilm 1889 - ca. 1955

Zellulosenitrat

Silberbild schwarz, Träger neutralgrau/ gelblichbraun/ bernsteinfarben

halbmatt, Rückseite glänzend

leicht entflammbar, evtl. Geruch von Salpetersäure, evtl. Bezeichnung „Nitrate“ am Rand, verwendet als Negativ, Diapositiv und Kinofilm (35 mm)

Azetatfilm 1920 - heute

Zellulosedi- und triazetat

Silberbild schwarz, Träger hellgrau/farblos

halbmatt, Rückseite glänzend

evtl. Bezeichnung "Safety Film“ („Sicherheitsfilm“), evtl. Geruch von Essigsäure bei älteren Filmen, verwendet als Negativ, Diapositiv und Kinofilm

Farbnegativprozess 1938 - heute

Zellulosedi- und triazetat

-

-

chromogenes (farbstoffbildendes) Verfahren, Entstehung von Magenta-, Gelb-, und Cyanfarbstoffen durch den Entwicklungsprozess

Farbdiapositivprozess 1936 - heute

Zellulosedi- und triazetat

-

-

chromogenes (farbstoffbildendes) Verfahren, Entstehung von Magenta-, Gelb-, und Cyanfarbstoffen durch den Entwicklungsprozess

Polyesterfilm 1950 - heute

Polyethylenterephtalat

Silberbild schwarz, Träger hellgrau/farblos

halbmatt, Rückseite glänzend

schwer entflammbar, als Negativ und Diapositiv

2. Schadensbilder

2.1 Positivverfahren

So komplex wie der Aufbau von Fotografien ist, so vielfältig sind auch die Schadensbilder. Ursachen können endogene und exogene Faktoren sein. Zu den endogenen Faktoren zählen die physikalischen und chemischen Eigenschaften der verwendeten Materialien, die einen starken Einfluss auf die Stabilität besitzen. Als exogene Schadensursachen sind ungünstige klimatische Aufbewahrungsbedingungen, ungeeignete Verpackungsmaterialien, unsachgemäße Handhabung und zu helle Beleuchtung zu nennen. Generell ist zu sagen, dass bei hoher Luftfeuchte und hoher Temperatur Abbauprozesse der bilderzeugenden Materialien und der übrigen Komponenten wesentlich beschleunigt werden. Bei Positiven sind Schäden wie Risse, Knicke, Fehlstellen hervorgerufen durch unsachgemäße Handhabung und/oder Aufbewahrung zu nennen. Fehlstellen können aber auch durch unsachgemäßes ablösen einer Fotografie von einem Karton entstehen, vor allem dann wenn ein nicht wasserlöslicher Klebstoff verwendet wurde. Auch Beschriftungsmaterialien können zu Schäden an Fotografien führen: Stempel und ein zu harter Bleistift können sich auf die Vorderseite durchdrücken.

Klimaschwankungen können zur Schichtablösung führen, d.h. die Emulsion löst sich vom Träger ab. Verlust der Bildinformation ist die Folge, da die abgelöste Emulsion sehr fragil ist. Bei der Rahmung von Positiven ohne Passepartout oder Abstandshalter kann durch Kondensationsfeuchte im Rahmen zum ankleben der Emulsion an das Rahmenglas kommen und in Folge zum Verlust der Bildinformation durch den Abbau der Schicht. Bei zu hoher Luftfeuchte (ab 60%) ist die Gefahr eines Schimmelbefalls stark erhöht. Fingerabdrücke auf der Emulsion können irreversibel oxidieren. Erkennbar ist dies an einer orangefarbenen Verfärbung in diesem Bereich (Abb. 1). Durch oxidierende Schadstoffe wie Peroxide oder Schwefelverbindungen werden, in der Regel irreversible, Veränderungen der bilderzeugenden Materialien hervorgerufen. Es kommt zu einer Oxidation der Bildsilberteilchen. Dieser Vorgang wird durch Wärme und Feuchtigkeit beschleunigt. Es entstehen frei bewegliche Silberionen, die in der Folge wieder zu metallischem Silber reduziert werden können. Geschieht dies an der Emulsionsoberfläche, so entsteht ein metallisch/silbrig glänzenden Belag, besonders in den dichten/dunklen Bereichen sichtbar, der als Silberspiegel oder Aussilberung bezeichnet wird. Bei PE-Papier ist nach Einwirkung von Peroxiden eine Vergilbung zu beobachten (Abb. 2), ebenso können rötlich Punkte entstehen, die sogenannten Redox-Flecken.

Abb. 1: Aussilberung und Oxidation durch einen Fingerabdruck auf einer Gelatinetrockenplatte (K.B. Hendriks, Fundamentals of Photograph Conservation)

Abb. 2: Verfärbung eines PE-Papiers nach Einwirkung von Peroxiden, aus: www.iaq.dk/image/rc_photos.htm, Morten Ryhl-Svendsen, 2001, Original Photo by John Lee, National Museum of Denmark

Die oben erwähnten Schadstoffe können von Verpackungsmaterial, Archivmöbeln, Bodenbelägen und Wandfarben abgegeben werden. Aber auch durch lignin- bzw. holzhaltige Materialien, wie z.B. Passepartouts kann es zu gelblich/bräunlichen Verfärbungen der Fotografien kommen. Bei chromogen entwickelten Farbabzügen treten sowohl bei Lichteinwirkung als auch bei der Aufbewahrung im Dunkeln Farbveränderungen auf, verursacht durch die chemische Instabilität des Materials, d.h. der verwendeten Farbstoffe und ungünstige Klimabedingungen. Bei zu viel Lichteinwirkung ist ein Blaustich zu beobachten, da Magenta und Gelb im Licht schneller ausbleichen als Cyan. Bei dunkler Lagerung entsteht häufig ein Rotstich, da die blauen und gelben Farbstoffe im Dunklen instabiler sind als der Magentafarbstoff. Beschleunigt wird dieser Prozess vor allem durch hohe Temperaturen und hohe Luftfeuchte.

2.2 Negativverfahren

Hier sind ähnliche Schadensbilder zu beobachten. Durch unsachgemäße Aufbewahrung und Handhabung können Glasbruch und Fehlstellen bei Glasplattennegativen verursacht werden. Schichtablösung, verursacht durch Klimaschwankungen, kann ebenfalls auftreten. Bei Pergamintüten besteht die Gefahr, dass bei zu hoher Luftfeuchte das Pergamin wellig wird und einen Abdruck in der Emulsion hinterlässt. Der Kontakt der Emulsion mit dem Boden einer ligninhaltigen Box bzw. eines ligninhaltigen Umschlags oder eines schwefelhaltigen Klebstoffes kann durch die darin enthaltenen Schadstoffe zu Aussilberungen führen (Abb. 4). Falsche Beschriftungsmaterialien (Fineliner, Filzstift etc.) können sogar durch einen Umschlag bzw. eine Hülle hindurch diese Veränderung hervorrufen (Abb. 3).

Abb. 3: Aussilberung im Bereich der Beschriftung (Pfeile), verursacht durch die Migration der im Beschriftungsmaterial enthaltenen Schadstoffe durch das Hüllmaterial

Abb. 4: Aussilberung im Bereich der Klebekante (Pfeil), verursacht durch den Kontakt der Emulsion mit einem ligninhaltigen Umschlag, aus: www.iaq.dk/silvermirror/Gallery, Giovanna Di Pietro, April 2002

Bei chromogen entwickelten Diapositiven lassen sich dieselben Schadensphänomene wie bei chromogen entwickelten Farbpositivmaterialien feststellen. Zellulosenitratfilme sind aufgrund der chemischen Instabilität des Materials vom Zerfall betroffen (Abb.5). Das Trägermaterial besteht aus nitrierter Baumwolle, die mit Kampfer als Weichmacher versetzt wurde. Beim Zersetzungsprozess entstehen Stickstoffdioxide, welche sich mit Feuchtigkeit zu Salpetersäure verbinden. Beschleunigt wird dieser Prozess durch zu warme und feuchte Klimabedingungen. Bei der Verpackung dieser Filme in Kunststoffhüllen, können die entstehenden Abbauprodukte nicht entweichen, wodurch die Zerstörung wesentlich verstärkt wird. Bei fortschreitendem Abbaugrad weist der Träger eine gelbliche oder bernsteinfarbene Verfärbung auf. Der Träger verformt sich und wird sehr brüchig. Die Gelatineemulsion und das Bildsilber werden ebenfalls angegriffen. Die Emulsion wird erweicht und klebrig, das Bildsilber bleicht aus. Die entstehenden Schadstoffe wirken sich auch zerstörend auf benachbarte Materialen aus. Das Trägermaterial von Azetatfilmen besteht aus Zellulosedi-, Triazetat. Der Zersetzungsprozess wird als "Vinegar Syndrom" (Essigsäure Syndrom)bezeichnet, da beim Abbau Essigsäure entsteht. Die Zersetzung von Azetatfilm erkennt man an der Schrumpfung, Verwerfung und dem Brüchigwerden des Trägers. Die Emulsion kann sich vom schrumpfenden Träger abheben (Abb. 6). Bezeichnend ist auch der Essiggeruch. Die Abbauprodukte können auch zum Ausbleichen von Farbmaterialien beitragen.

Abb. 5: Zersetzung eines Nitratfilmes, Deformierung des Trägers, Verfärbung der Emulsion, aus: B.Lavédrine, A Guide
to the Preventive Conservation of Photograph Collections

Abb. 6: Zersetzung eines Azetatfilmes, Schrumpfung des Trägers, Ablösung der Emulsion, aus: B. Lavédrine, A Guide to the Preventive Conservation of Photograph Collections

3. Archivierung – Konservierung

3.1 Inventarisierung, Beschriftung

Die Inventarnummer sollte am Rand des Objektes platziert werden: Einen gegebenenfalls aufzubringenden Stempel möglichst kleinformatig wählen und ebenfalls am Rand bzw. außerhalb des Bildfeldes anbringen. Zum Beschriften von Fotografien sollten keine Kugelschreiber, Filzstifte, Fineliner o.ä. verwendet werden, da diese auf die Vorderseite durchschlagen können und auch nicht mehr entfernbar sind. Um ein Durchdrücken der Beschriftung auf die Vorderseite zu verhindern, sollte kein starker Druck beim Beschriften ausgeübt werden. Auf Fotografien keine Selbstklebeetiketten, Selbstklebestreifen (Tesa®, Filmoplast® etc.), Post-it-Zettel verwenden, da die dort enthaltenen Klebstoffe Substanzen enthalten, die zu Veränderungen, z.B. Vergilben, Verbräunen, führen können.

Positive werden auf der Rückseite, Negative und Diapositive auf Glas- und Filmträgern auf der Schichtseite mit einem weichen Bleistift beschriftet.
Materialempfehlung: weicher Bleistift: z.B. Mars Lumograph 100 6B, Staedtler®, Schwan All Stabilo 8008
Stempelfarbe: ehemalige Stempelfarbe der Deutschen Bundespost Nr. 218,
Bezugsquelle: Noris Color GmbH, Postfach 1223, 95302 Kulmbach, www.noris-color.de

3.2 Handhabung, Benutzung

Bei der Handhabung und Benutzung von fotografischen Objekten muss immer auf das Tragen von Baumwollhandschuhen geachtet werden. Fingerabdrücke lassen sich gar nicht oder nur schwer wieder entfernen (siehe Abb. 1). Beim Umgang mit Fotografien sollte auf empfindliche Oberflächen (Hochglanzoberfläche, instabile Bindemittelschicht, Haarrisse in der Schicht, Schichtablösung) und lose Teile/Glasbruch geachtet werden, da diese Bereiche sehr empfindliche sind und ansonsten mit Bildverlust gerechnet werden muss. Dazu gehört, das man Lupen nicht direkt auf Fotografien aufsetzt, sondern eine Polyethylen-/Polyesterfolie dazwischenlegt. Das in den Archivräumen Essen und Trinken nicht erlaubt ist, sollte selbstverständlich sein. Der Transport von Objekten auf einem Transportwagen (auch bei kleinen Mengen) oder in einer Transportbox ist dem Tragen in der Hand vorzuziehen, da so Schäden wie Glasbruch etc. vermieden werden.

3.3 Lagerung, Verpackung

Ein separater Archivraum für die Fotosammlung ist zu empfehlen, da Fotografien spezielle Anforderungen an das Klima stellen. Hindurchführende Wasserleitungen oder Sprinkleranlagen stellen potentielle Schadensquellen dar. Gegen mögliche Wasserschäden sollten entsprechende Vorkehrungen getroffen werden. Für Brandfälle ist die Ausstattung des Archivraumes mit Feuerlöschgeräten auf Pulverbasis zu empfehlen oder eine Löschanlage mit Gas. An die Ausarbeitung eines Notfallplanes zur schnellen und sicheren Bergung der Objekte sollte ebenfalls gedacht werden. Im Raum sollten keine Kopiergeräte, Laserdrucker etc. stehen, da die austretenden Dämpfe (Ozon) die Fotografien schädigen. Die Schadstoff-Prüffolien der Firma Monochrom bieten die Möglichkeit Schadstoffe im Archivraum festzustellen. Allerdings muss man die Folien zu Auswertung wieder an die Firma zurückschicken. Für Schränke bzw. Regale ist einbrennlackierter Stahl als Material anderen Sorten, z.B. lackierten Metall etc. vorzuziehen. Auch Faserplatten oder schichtverleimte Platten sollten für Regal- und Schrankkonstruktionen vermieden werden, da diese Materialien bei der Alterung für Fotografien schädliche Gase abgeben können. Die Anlage sollte erschütterungsfrei arbeiten. Bei der Verpackung ist für jedes einzelne Objekt eine eigene Hülle/Umschlag/ Vierklappumschlag zu verwenden, um Reibung aufeinander zu vermeiden. Pro Box/Schachtel sollte auf geringe Füllmengen geachtet werden. Bei Positiven ca. 20 Abzüge gleicher Größe übereinander, dadurch werden Abdrücke vermieden. Bei Glasplatten nicht mehr als 15 Objekte pro Box, um das Gewicht der Box zu minimieren. Glasplattennegativen bis 18 x 24 cm sollten stehend gelagert werden, Formate darüber in geringen Mengen, bis max. 10 Stück übereinander, liegend.

Als Verpackungsmaterialien sollen speziell für die Fotoarchivierung ausgewiesene Materialien, die nach dem Photographic Activity Test (PAT) gemäß ISO 18916:2000 geprüft wurden und ihn auch bestanden haben, verwendet werden. Der Test sagt aus, ob ein Material chemische Reaktionen bei Fotografien hervorgerufen hat, z.B. ob es zu Verfärbungen oder zum Ausbleichen geführt hat. Papier, die in direkten Kontakt mit Fotografien kommen, sollen aus Hadern oder Zellstoff hergestellt sei. Sie besitzen einen hohen Anteil an Alpha-Zellulose (die besonders rein ist), sind frei von Lignin, Metallpartikeln, Wachsen und Weichmachern. Auf holzschliffhaltiges Papier und Karton, Fotoschachteln, Briefumschläge, Pergamintüten etc. sollte verzichtet werden (Abb. 7). Bei der Verwendung von Kunststoffhüllen ist darauf zu achten, dass diese frei von Weichmachern und Lösemitteln sind (also kein PVC-Material) und keine Oberflächenstruktur besitzen. Verpackungsmaterial, welches in direktem Kontakt mit Fotografien kommt, sollte keine Metallteile aufweisen. Eine leicht raue und matte Oberfläche des Verpackungsmaterials ist einer glatten, glänzenden Oberfläche vorzuziehen, da diese zum Ankleben oder zur Ausbildung von Glanzflecken führen kann. Die Hüllen sollten möglichst keine oder nur wenig Klebestellen aufweisen. Wenn die Produkte geklebt sind, sollte sich die Klebekanten immer am Rand befinden und nicht mit der Emulsion in Berührung kommen. Als Klebstoffe können fotografische Gelatine, Stärkkleister, Methylcellulose und manche Acryl- und PVA - Kleber verwendet werden. In geschlossenen Boxen sind die Objekte besser gegen Staub geschützt, für Hefter mit Ringmechanik ist ein Schuber zum Schutz vor Staub zu empfehlen.

Abb. 7: Abdruck einer Pergaminhülle (Pfeile) in die Emulsion eines Gelatineglasplattennegativs

Ungepufferte Papiere (pH-Wert zwischen 7,0 und 7,5) sind gepuffertem Material vorzuziehen, vor allem bei frühen Verfahren (Cyanotypie, Albuminpapiere) und Farbfotografien. Das Schachtelmaterial Papier/Karton, welches nicht in direktem Kontakt mit der fotografischen Emulsion kommt, sollte dagegen aber mit mindestens mit 2 % Calciumcarbonat gepuffert sein, um vor sauren Schadstoffen von außen Schutz zu bieten. Der pH-Wert sollte zwischen 7,2 und 9,5 liegen. Papier und Kunststoff als Verpackungsmaterial haben jeweils ihre Vor- und Nachteile. Papier ist opak und bietet daher einen Lichtschutz, zum Betrachten ist aber ein Herausnehmen des Objektes nötig. Papier bietet bessere Beschriftungsmöglichkeiten als Kunststoff. Es ist atmungsaktiv und kann Klimaschwankungen leichter ausgleichen. Kunststoffhüllen sind transparent, die Objekte müssen zum Betrachten nicht herausgenommen werden. Bei häufig benutzten Objekte kann dies ein Vorteil sein. Kunststoff bietet aber keinen Lichtschutz. Die Beschriftungsmöglichkeiten sind schwieriger. Außerdem ist Kunststoff nicht atmungsaktiv, bietet also keine Klimapuffer bei Schwankungen im Raumklima. Ein weiterer Nachteil ist die Gefahr des Anklebens der Emulsion an die Folie bei zu hohem Druck, Temperatur oder Luftfeuchte. Außerdem können Glanzflecken entstehen. Kunststoffe wie Polyester weisen eine hohe Elektrostatik auf und ziehen Staub an. Für Zellulosenitrat- und Azetatmaterialien sind Kunststoffhüllen zu vermeiden, da die gasförmigen Abbauprodukte der Objekte nur unzureichend entweichen können, wodurch der Zerfall beschleunigt wird.

Die folgenden Verpackungsformen haben sich für die unterschiedlichen fotografischen Objekte bewährt:
für Glasplattennegative und -diapositive: Vierklappumschläge, Archivboxen
für Filme: Ablageblätter aus Kunststoff (außer bei Zellulosenitrat), Papiertaschen, Klappkassetten mit Abheftmechanik
für Diapositive (Kleinbild): glaslose Diarahmen, Ablageblätter aus Kunststoff, Klappkassetten mit Abheftmechanik, Diaboxen aus Karton
für Fotoabzüge: Papierumschläge, Klappkassetten, Grafikmappen, Montierung wie Grafik
für Fotoalben: Schuber, Stülpschachteln mit klappbarem Seitenteil

Bei der Archivierung von Zellulosenitratmaterial ist noch einem auf folgende Punkte zu achten: Die Objekte vom restlichen Bestand separieren, um eine Gefährdung des umliegenden Materials durch gasförmige Abbauprodukte des Nitratmaterials auszuschließen. Für die Aufbewahrung Papierhüllen verwenden und keine Kunststoffhüllen. Die Archivschränke in denen das Nitratmaterial gelagert wird, sollten gut belüftet sein. Die Objekte sollten so kühl wie möglich gelagert werden, um den Abbauprozess zu verlangsamen. Zu Sicherung der Information sollten Duplikate angefertigt werden. Außerdem sind die gesetzlichen Bestimmungen zur Lagerung dieser Materialien zu beachten.

3.4 Klima, Licht

Für die langfristige Archivierung von fotografischen Objekten ist die Schaffung eines stabilen Klimas sehr wichtig. Dabei sollten keine abrupten Schwankungen von Temperatur und Luftfeuchte auftreten, auch kurzfristige Schwankungen innerhalb von 24 Stunden sind zu vermeiden. Als Richtwerte gelten Schwankungswerte von max. +/- 2°C und max. +/- 5% relative Luftfeuchte. Temperaturen über 25°C und Luftfeuchtewerte über 60% beschleunigen chemische Zerfallsprozesse. Zur Beobachtung des Klimas sollten regelmäßig Klimakontrollen (Temperatur und Luftfeuchte) durchgeführt werden. Die folgende Tabelle gibt die empfohlenen Werte für Temperatur und Luftfeuchte für verschiedene fotografische Materialien wieder:

Schwarzweißmaterial

hist. fotografische Glasplatten

18°C, 30-40%RH

-

Zellulosenitratfilm

2°C, 20-30%RH
max. 10°C, 30-40%RH

-

Azetatfilm

7°C, 20-30%RH
2°C, 20-50%RH

-

Polyesterfilm

15°C, 20-40%RH

-

Silbergelatineabzüge (Positive)

18°C, 30-50%RH

Farbmaterial

Azetatfilm, Polyesterfilm (chromogen)

2°C, 20-30%RH
-3°C, 20-40%RH

-

Farbfotopapier (Silberfarbstoffbleichverfahren)

18°C, 30-50% RH

-

Farbfotopapier (chromogen)

2°C, 30-40% RH
-3°C, 20-50% RH

Als Argumentationshilfe lassen sich die folgenden Programme bzw. Informationsmaterialien verwenden: der „Preservation Calculator“, der „Storage Guide for Acetate Films“ und der „Storage Guide for Color Photographic Materials“. Alle drei Veröffentlichungen werden vom Image Permanence Institute, Rochester Institute of Technology herausgegeben. Der „Preservation Calculator“ ist ein freies Programm, das man über die Internetseite des IPI (www.imagepermanenceinstitute.org) herunter laden kann. Eine weitere Argumentationshilfe sind Normen für Verpackungsmaterialien und Aufbewahrung verschiedener fotografischer Materialien (siehe 6. Literatur). Bei Klimaanlagen sollte darauf geachtet werden, dass kein Wasserstoffperoxid H2O2 als Zusatz in der Anlage verwendet wird. Die ungehinderte Lichtzufuhr auf Fotografien sollte vermieden werden. Hier ist vor allem die energiereiche UV-Strahlung (Sonnenlicht, Leuchtstoff-, Halogenlampen) zu nennen. Für Lampen, Fenster, Rahmen- und Vitrinenglas können UV-Schutzfolien bzw. UV-Filter verwendet werden. Es gibt auch spezielle Lampen für Leuchtstoffröhren und Halogenlampen, bei denen bereits ein UV-Schutzfilter eingearbeitet ist. Wenn Fotografien präsentiert werden ist nicht nur die Beleuchtungsstärke entscheidend, auch die Beleuchtungsdauer spielt eine Rolle. Als Richtwert gilt hier die jährlich maximale Beleuchtungsmenge: lx.h = Beleuchtungsstärke (lux) x Beleuchtungsdauer (h). Die nachfolgende Tabelle gibt die Werte für einige fotografische Verfahren an:

-

Beleuchtungsstärke(lux)

jährlich maximale Belichtung: lx.h

Fotografien 19.Jh., chromogen entwickelte Farbfotografien, kolorierte Fotografien

50 lux

12 000 lx.h

s/w Fotografien auf PE-Papier, Fotografien des Silberfarbstoffbleichverfahrens

75 Lux

42 000 lx.h

s/w Fotografien mit Barytschicht

100 Lux

84 000 lx.h

4. Zusammenfassung
Nachfolgend sind noch einmal die wichtigsten Punkte zusammengefasst:
klären von Zielen und Konsequenzen, ggf. Bestandsbegutachtung
Rat von Fachleuten/Fotorestauratoren und entsprechende Literatur nutzen
Pläne für den Katastrophenfall (Wasserschaden, Brand) erstellen
verwenden von speziell für die Fotoarchivierung ausgewiesenen Materialien, die nach dem Photographic Activity Test (PAT) geprüft wurden
vermeiden aller Faktoren (chemisch, biologisch, physikalisch) die Fotografien schädigen können
Klimaschwankungen vermeiden
nutzen geeigneter Erschließungsmethoden, verwenden von Fachbegriffen
Zellulosenitratfilme separieren

5. Literatur
Faustregeln für die Fotoarchivierung, Rundbrief Fotografie Sonderheft 1, 4. Aufl., Museumsverband Baden-Württemberg e.V., Esslingen (2001), 5. Auflage erscheint demnächst
Rundbrief Fotografie, Fachzeitschrift, Sonderhefte, zu beziehen über W. Jaworek, Liststr. 7B, 70180 Stuttgart, Tel. 0711-60 90 21, www.rundbrief-fotografie.de
Liste von Restauratoren unter www.rundbrief-fotografie.de
Brühl, Roland: Spiel mit dem Feuer - Nitrozellulosenegative in Fotosammlungen, aus: Rundbrief Fotografie Vol.12 (2005), Nr. 3 [N.F.47]
Hendriks, Klaus B.: Fundamentals in Photograph Conservation, Lugus Publication (1993)
Schmidt, Marjen: Fotografien in Museen, Archiven und Sammlungen. Konservieren, Archivieren, Präsentieren. Weltkunstverlag, München (1994)
Reilly, James; Care and Identification of 19th Century Photographic Prints, Kodak Publication G-2S, Rochester (1986)
ISO 18902:2001: Imaging materials - Processed photographic films, plates and papers - Filling enclosures and storage containers
ISO 18911:2000: Imaging materials - Processed safety photographic film - Storage practices
ISO 18918:2000: Imaging materials - Processed photographic plates - Storage practices
ISO 18920:2000: Imaging materials - Processed reflection prints - Storage practices ISO 18916:2000: Photography - Processed photographic materials - Photographic activity test for enclosure materials

Autorin: Ulrike Müller, Diplom-Restauratorin, Hauptstr. 6, 01454 Radeberg, Tel.: 03528/414967, Mobil: 0175/8954823, e-mail: photorestaurierung@gmx.de